Demokratie braucht Stammtische
2021-01-08
Wenn man Restaurants und Kneipen zusperrt, gefährdet das nicht nur die Freiheit der Wirtschaft, wie Roger Köppel, der Chefredaktor der Schweizer Zeitschrift Weltwoche, vor ein paar Tagen postulierte, sondern auch die Freiheit der Meinung und des Informationsaustausches.
Der Journalist Roger Köppel, Chefredaktor der Schweizer Zeitschrift Weltwoche, hat neulich die Frage gestellt, warum zur vorgeblichen Bekämpfung des Corona-Virus ausgerechnet die Hotels, Gaststätten, Bars und Clubs einem harten Lockdown unterworfen und geschlossen würden – obwohl sie doch nachweislich für die Ansteckungszahlen fast bedeutungslos seien.
Köppels Antwort: Es handle sich de facto um einen Angriff auf die Marktwirtschaft. Denn wo, wenn nicht in der Gastronomie und Hotellerie, gebe es einen so deutlichen marktwirtschaftlichen Wettbewerb um den Kunden. Der Gastro- und Hotel-Lockdown wirke sich also kaum auf die Gesundheit der Bevölkerung aus, sehr wohl aber auf die Beschädigung und letztlich Abschaffung unserer Wirtschaftsordnung.
Ah, eine Verschwörungstheorie, höre ich jetzt manche sagen. Nein, um das so zu sehen, muss man kein Verschwörungstheoretiker sein und eine gezielte Steuerung dahinter vermuten. Denn selbst wenn man die Ursachen und Zusammenhänge eines Geschehens gar nicht nachvollziehen kann, reicht es völlig aus, die Wirkungen zu betrachten. Und zu entscheiden, ob man diese haben möchte oder nicht.
Ich meine, das Problem ist sogar noch größer. Wenn man Restaurants und Kneipen zusperrt, gefährdet das nicht nur die Freiheit der Wirtschaft, sondern auch die Freiheit der Meinung und des Informationsaustausches. Warum ist das so?
Wir wissen aus der Medienwirkungsforschung, dass Nachrichten und Kommentare, die über die Massenmedien verbreitet werden, das Publikum zwar beeinflussen; dass aber die Meinungsbildung erst im Austausch der Bürger untereinander wirklich stattfindet – also in der Familie, im Verein, im Betrieb, in der Gemeinde, bei Tagungen und auf Reisen, beim Mittagessen und am Stammtisch.
Die Lockdown-Verbote zielen nun – mit scheinbarer Infektions-Logik – auf alle Gelegenheiten und Orte, wo die Bürger sich über Nachrichten austauschen, diese mit ihrer täglichen Lebenswirklichkeit abgleichen und sich ihre Meinung zu Weltgeschehen und Politik bilden. Und die damit die Grundlage schaffen, um als Souverän über die Geschicke unseres Landes zu entscheiden. Die Lockdown- Verbote verhindern das weitgehend.
Die spannende Frage lautet: Verstärkt sich der Einfluss der Massenmedien auf die Bürger, wenn das Gegengewicht wegfällt? Also wenn der private Meinungsaustausch durch staatlichen Zwang praktisch verhindert wird? Können die Massenmedien dann die gewünschte Meinung eins zu eins auf die Zuschauer und Zuhörer übertragen?
Oder lassen sich die Bürger ganz einfach nicht daran hindern, persönlich ihre Meinung auszutauschen? Lassen sich nicht den Mund verbieten – und hoffentlich bald auch nicht mehr das Treffen am Stammtisch oder im Vereinslokal.
Das wäre gut. Darauf wollen wir hoffen.
Titelbild: pixabay